Flugbegleiter Bewerbungstipps und Ablauf

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Die Reißleinen ziehen, Altes hinter sich lassen, spontan die Kündigung einreichen und am nächsten Morgen den Flug nach NYC nehmen…hört sich turbulent an und ja, das ist es auch. Das alles hätte ich aber vielleicht eher nicht so Hals über Kopf getan, wenn ich mich nicht schon vorher abgesichert hätte und einen neuen Plan geschmiedet hätte, wie es nun weitergehen soll.

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Das würde ich zunächst jedem empfehlen, der auf seine jetzige Situation „keinen Bock“ mehr hat und nach einer neuen Herausforderung sucht. Ich habe zwar Modemanagement studiert und nun auch knapp 5 Monate in einem Modeunternehmen gearbeitet, jedoch habe ich schnell gemerkt, dass ich so viel Hummeln im Hintern habe und ein so kommunikativer Mensch bin, dass ich mich nicht tagtäglich in einem Großraumbüro verschanzen kann. Etwas Neues musste her und wer sagt denn, dass man sich von seinem Studium auch in Zukunft nur in die eine Richtung zwängen lassen muss? Was wenn ich jetzt gerade auf etwas ganze Anderes Lust habe?

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Eine Freundin, die mal bei Condor gearbeitet hat, hat mir viele, viele gute und tolle Dinge über den Job als Flugbegleiterin erzählt, sodass ich mir überlegt habe, dass nun einmal auszuprobieren. Ich bin noch jung, möchte raus und mich NOCH nicht in dieses graue Alltags-System unserer Gesellschaft quetschen lassen. Wenn man nach einem Job sucht, der abwechslungsreich und spannend ist, dann ist es ja wohl der einer Flugbegleiterin!
Für mich kam nur „Lufthansa“, „Condor“ und „Emirates“ am ehesten in Frage, da diese einen super Ruf pflegen und von den Konditionen her und der Mitarbeiterpolitik weit vorn mit dabei sind. Emirates fiel dann auch gleich wieder raus, da das Drehkreuz dieser Airline Dubai ist und man als Mitarbeiter dort hinzieht und in einer von dem Unternehmen gestellten Wohnung wohnt. Ich wollte nun zunächst in Deutschland bleiben und bewarb mich somit bei den anderen beiden Unternehmen. Das geht ganz „easy“ über die jeweilige Website oder allein wenn man z.B. „Lufthansa Flugbegleiter Bewerbung“ bei google sucht. Danach legt man sich quasi ein eigenes Profil im sogenannten Cockpit auf der Website an, die Bewerbung findet ausschließlich online statt. Man trägt seine persönlichen Daten ein, übertragt quasi seinen Lebenslauf auf die Website und auch das Anschreiben schreibt man in ein vorgefertigtes Feld. Im Anhang kann man Zeugnisse, ein Foto und sonstige Dateien hochladen. Von Vorteil für die Bewerbung ist natürlich, wenn ihr schon Erfahrung im Gastronomie oder Messehostess-Bereich habt und fließend Englisch sprechen könnt und kommunikativ und offen und absolute Teamplayer seid. Bei der Lufthansa arbeiten ca. 18.000 Flugbegleiter, daher werdet ihr nie mit dem selben Team fliegen, sondern bei jedem Flug neu zusammengemischt und müsst innerhalb weniger Minuten als Team funktionieren. Man bekommt nach der Anmeldung und Übertragung der Bewerbung auch Zugangsdaten per Mail zugesendet und kann sich quasi immer wieder in seinem Cockpit anmelden. Der zweite Schritt, wenn die Bewerbung positiv angenommen wird, ist eine Mail mit der Einladung zum Englischtest, den man ebenfalls online absolvieren muss. Über einen Link öffnet man den Test, den man dann auch nur einmalig machen kann und so 10-15 mins Zeit dazu hat…bin mir nicht mehr so sicher wie lange genau. Zu dem Englisch: Ich war in der Schule nie gut in Englisch, war dann mehrmals im Ausland und habe auch ein Auslandssemester in New York hinter mir und würde schon behaupten, dass ich relativ fließend englisch spreche. Allerdings wird bei dem Test zunächst vor Allem das Grammatikalische abgefragt und das immer mit Antworten, die vorgegeben sind und mit dem Zeitdruck im Hintergrund. Mit meinem Background fiel es mir leicht, beispielsweise den Satz als Antwort anzuklicken, der sich für mich intuitiv richtig anhört, aber generell um sich sicherer zu fühlen würde ich schon empfehlen, sich die Standard-Grammatik aus der Schule nochmal an zu schauen (Zeiten, indirekte Rede etc.). Es kommen auch Fragen dran, bei denen das Synonym zu einem anderen Wort gesucht wird- man also das Wort anklicken muss, dass die selbe Bedeutung hat wie das andere. Ich bin durch den Test gerast, weil ich ja nicht wusste wie viele Seiten kommen werden und war nach der Hälfte der Zeit schon fertig. Man sollte sich also beeilen, aber kann sich ruhig mal eine Sekunde zum Überlegen Zeit lassen.

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Wenn man den Test besteht (so schwer ist er nun wirklich nicht), bekommt man nach kurzer Zeit wieder eine Mail, in der man zum Auswahltag eingeladen wird. Je nachdem für welchen Standort man sich entschieden hat, München oder Frankfurt, kann man sich in seinem Cockpit dann einen Termin, unter vielen Möglichkeiten, aussuchen. Es wird einem sogar ein Flugticket umsonst gestellt (nur von Frankfurt, Hamburg und München nutzbar), das allerdings voraussetzt, dass man zum Flughafen kommt und dann nur mitfliegen kann, wenn noch ein Platz im Flieger frei ist, sonst muss man solange warten bis ein Flieger fliegt, wo noch ein Platz frei ist…also genug Zeitpuffer einplanen!
Ich habe mich ziemlich genau auf den Assesmentcenter- Tag in Frankfurt vorbereitet. Dazu empfehle ich euch, dass Forum „Crewlounge“ auf Flugbegleiter.net durchzuforsten, denn dort könnt ihr euch quasi auf jede Frage, die einem auch nur annähernd gestellt werden könnte, vorbereiten. Von dem Dresscode, bis hin zu jeglichen Tipps könnt ihr hier alles finden. Meine Freundin hat mir gesagt, ich soll möglichst so erscheinen, wie ich auch später im Job aussehen werde: Also Businessoutfit, Haare irgendwie zusammen und einem Bewerbungsgespräch eben entsprechend.
Natürlich sollte man sich genug Zeit einplanen, um die Lufthansa-Gebäude auf dem Flughafengelände zu finden. Man trifft sich dann nach der Anmeldung in der Lobby und wird dann von einem Flugbegleiter/in abgeholt und in einen Wartesaal gebracht. Der Tag läuft so ab, dass man zunächst in einem Raum mit Computern gebracht wird und eine halbe Stunde (?) Zeit hat wiederum einen Englischtest zu machen. Dieser ist sehr umfangreich und wieder mit Lückentexten oder Multiple Choice- Antworten aufgebaut. Zudem gibt es noch Kopfhörer, mit dem man zu einem gehörten Text Verständnis fragen beantworten muss. Ich habe die komplette Zeit gebraucht und selbst Native Speaker können diesen Test wohl nicht 100% richtig machen, wurde uns gesagt. Auch hier empfehle ich noch einmal die ganzen Grammatik-Grundlagen aus der Schule aufzufrischen…danach muss man sich wieder in den Wartesaal setzen, darf zwar natürlich miteinander reden, aber sich nicht zu den Tests austauschen etc. Dazu sitzt dann dort auch der Flugbegleiter, um darauf Acht zu geben und auch jegliche Fragen von den Bewerbern zu beantworten. Und da gibt es viiiiiele, denn der Beruf und das ganze System und der Ablauf, selbst die Bezahlung und die verschiedenen „Toppings“ zum Gehalt, die man durch jegliche Zulagen bekommt, sind recht undurchsichtig. Also schreibt euch alle Fragen auf und fragt!
Nach dem Englischtest wird man einzeln aufgerufen und von verschiedenen Leuten raus gebeten zu einem persönlichen Gespräch auf Englisch. Sprich die wollen natürlich nicht nur sehen, ob man die Grammatik und Zeiten kann, sondern auch einigermaßen fließend sprechen kann. Die Frau, mit der ich mich vielleicht 7 Minuten unterhalten habe, fragt dann so Sachen, woher man Englisch gelernt hat, wo man schon im Ausland war und was einem dort eventuell kulturell als Unterschied zu Deutschland aufgefallen ist und wie es bezogen auf unterschiedliche Kulturen zu Konflikten im Flugzeug kommen könnte (manche Menschen essen nur Schweinefleisch, manche nehmen nichts an was einem mit der linken Hand gegeben wurde, manche lassen sich ungern von Frauen bedienen etc). Mir persönlich fiel es schwer fließend zu sprechen und nicht darüber nachzudenken, was man gerade sagt, wenn man mit einer Person spricht, die genau auf das achtet und nur schauen will, ob man Englisch sprechen kann…man muss versuchen sich nicht zu sehr darauf zu konzentrieren, sondern einfach ganz locker wie immer zu sprechen! Zusammengefasst lässt sich sagen, dass Englisch sprechen unverzichtbar ist für den Job als Flugbegleiter, man bedient Menschen aus allen Teilen der Erde, die vielleicht selbst noch nicht mal Englisch sprechen können, aber diese globale Sprache muss man einfach beherrschen! Früher gehörte zum Bewerbungsverlauf sogar ein Telefongespräch auf Englisch, bevor man persönlich eingeladen wurde.
Nach dem Englisch-Interview kam es zur dritten Runde, wo man von einen Lufthansa-Psychologen abgeholt wird und in ein privates Zimmer geht und sich miteinander unterhält. Die wollen natürlich testen, ob man mental fit ist einen solchen durchaus auch mal anstrengenden Job zu machen und mit Menschen in Stresssituationen umgehen kann. Ich habe seit 6 Jahren als Messehostesss mit allen Menschen dieser Welt gearbeitet und auch jegliche Nationen bedient, womit ich bestens vorbereitet war. Die Frau war auch so nett und locker, dass ich null aufgeregt war und ganz natürlich reden konnte, warum ich erst studiert habe und jetzt plötzlich Flugbegleiterin werden will. In dem Forum im Internet steht noch, dass man ein Rollenspiel mit der Psychologin spielt, in der man eine Konfliktsituation, die im Flugzeug entstehen kann, nachstellt und dann kontrolliert wird wie man auf solche Situationen reagiert (z.B. alkoholisierte, pöbelnde Leute, unzufriedene Gäste, kreischende Kinder etc.). Allerdings wurde das anscheinend abgeschafft und bei mir wurde das Rollenspiel nur mündlich durchgeführt, wobei die Situation war, dass es einen Systemfehler gab und zwei Gäste den gleichen Platz reserviert haben und auch beide dort sitzen wollen…was tun? Immer freundlich bleiben, Empathie zum Gast aufbauen und Verständnis zeigen sowie Lösungsvorschläge bieten, mit denen einer der beiden Gäste dann auch zufrieden sein könnte. Dann konnte und musste ich gehen und das Gelände verlassen. Abends habe ich gesehen, dass ich schon noch während ich das Gelände verlassen habe, eine Zusage im Mailpostfach hatte – mit so einer schnellen Antwort hätte ich nicht gerechnet!

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Wälzt am besten das Forum durch im Internet, sodass ihr auf jegliche Fragen nicht unvorbereitet da steht, klar soll man nichts auswendig lernen, aber ich finde es schadet nicht sich über alle möglichen Fragen schon mal Gedanken gemacht zu haben und Hintergrund Wissen zu dem Unternehmen zu haben. Nur weil es bei mir nicht gefragt wurde, heißt es nicht, dass es ein anderer Psychologe bei einer anderen Person nicht fragen könnte, der Ablauf ändert sich dort anscheinend ständig, daher lieber mehr als weniger anschauen 🙂 Vorbereitet fühlt man sich sicher und gewappnet, alle anderen sind sonst genauso ahnungslos  wie du und aufgeregt, aber alles ist auch sehr professionell aufgezogen und auch sehr nett!
Nun kann man sich wieder über sein Cockpit auf der Website einen Terminbeginn aussuchen (Beginn war bei mir fast wöchentlich). Die Schulung geht dann 12 Wochen, in denen man alles lernt. Das typische Klischee einer Saftschubse und der Kellnerin in der Luft ist die eine Seite, doch eigentlich sind Flugbegleiter für die Sicherheit der Passagiere verantwortlich und ohne sie könnte das Flugzeug nicht starten! Sie müssen lernen das Flugzeug im Falle eines Falles innerhalb von Minuten evakuieren zu können und müssen Menschen schon beim Einstieg einschätzen können, um die Sicherheit aller Gäste zu bewahren. Nicht selten kommt es auch vor, dass man einen Passagier in der Luft wiederbeleben muss oder Kinder zur Welt kommen sieht. Wenn man sich im Klaren darüber ist, dass der Job weitaus mehr beinhaltet als den Gästen Kaffee einzuschenken, nur dann solltet ihr euch auch bewerben und dann kommt man auch in den Genuss die Luft verschiedenster Länder und Kulturen schnuppern zu können, Menschen aus aller Welt kennen lernen zu können und in einem Team zu arbeiten, deren Community sich selbst als „große Familie“ bezeichnet. Ständig auf Achse, ätzende Passagiere, mit dem Jetleg umgehen können und auch nachts aufstehen zu müssen, weil man im ersten Flieger arbeiten wird, muss man alles auf dem Schirm haben. Zusätzlich sind in den 12 Wochen auch 3 Langstreckenflüge integriert, bei denen man sofort ein vollwertiges Mitglied der Crew sein wird und sich beweisen muss. Ziel kann da überall auf der Welt sein! Die Schulung wird vergütet (das lest ihr euch am Besten auf der Website durch) und es wird keine Unterkunft (mehr) gestellt.

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Bevor ihr die Schulung beginnt, müsst ihr aber noch zwei weitere Hürden bestehen. Ihr müsst einen Termin bei einem Lufthansa-Arzt in Frankfurt, München oder Hamburg machen, dort anreisen und euch auf Herz und Nieren testen lassen. Nur wenn ihr rundum gesund seid, könnt ihr die Schulung antreten. Ich war in Hamburg und musste dort eine Urinprobe und Blutprobe abgeben. Zudem wurde ein EKG gemacht und die Lungenfunktion überprüft. Des Weiteren kommt man in eine Kammer und muss einen Hör-, sowie einen Sehtest absolvieren. Dann wird man noch einmal von einem Allgemein-Mediziner auf Reflexe getestet und bekommt im Anschluss als krönenden Abschluss noch eine Impfung gegen Gelbfieber (ich hatte alle die sonst erforderlich sind, wie Hepatitis, Denguefieber etc.). Das alles muss einwandfrei sein, dann bekommt man eine Bestätigung per Post. Dann muss eine ZUP erfolgen, in der die eigene Polizeitakte unter die Lupe genommen wird und jegliche Auslandsaufenthalte, die über 2 Monate dauerten, angegeben werden müssen. Denn natürlich muss ein Mensch, der in Zukunft für andere Menschen verantwortlich ist, auch selbst eine reine Weste haben und vertrauenswürdig sein. In meinem Fall gab es Komplikationen, da ich über 2 Monate in Kanada war und die Behörden von mir nun ein kanadisches Führungszeugnis sehen wollten, was unmöglich ist zu beantragen. Dafür muss man Fingerabdrücke in Kanada einreichen, die von der Polizei in Deutschland verifiziert werden müssen, was in Deutschland bei der Polizei überhaupt nicht gemacht wird. Nach mehreren Tagen Tobsuchtsanfall und telefonieren mit Lufthansa, dem kanadischen Konsulat, der Polizei in Kanada, der deutschen Polizei etc. durfte ich einen eidesstattlichen Antrag ausfüllen, dass der Aufwand zu groß ist das Zeugnis aus Kanada zu beantragen, was dann auch kurze Zeit später bewilligt wurde. Den Antrag kann man in Ausnahmefällen machen, wie z.B. Leute, die länger in die arabischen Emiraten waren und für ein Führungszeugnis persönlich dort hin fliegen müssten… Bürokratie-Firlefanz!
Nur wenn die ZUP und das Medical durch ist, kann man die Schulung antreten und es werden keine Ausnahmen gemacht und wenn man nicht rechtzeitig alle Unterlagen und Bestätigungen beisammen hat, darf man die Schulung nicht antreten und sich erst wieder ein Jahr später bewerben. Sehr streng und stressig, weil man (wenn man nicht aus Frankfurt und Umgebung kommt) gleichzeitig auch noch eine preiswerte Unterkunft in Nähe des Flughafens suchen muss. Im Nachhinein muss ich sagen, dass man mit der ganzen Organisation und mit tausend unbeantworteten Fragen allein da steht, es zwar ein Servicecenter gibt, bei dem aber selten jemand rangeht, bzw. ständig besetzt ist. Deshalb mein Tipp, haltet die Kontakte aus dem Assessmentcenter und tauscht euch gegenseitig aus, denn Flugbegleiter kann man theoretisch schon mit 18 nach dem Abi machen und ich bin nicht sicher, ob ich das damals alles so hinbekommen hätte.
Ich werde das  machen, was heißt, dass ich in der Hochsaison in Vollzeit fliege und in der Wintersaison (Oktober-März) in Teilzeit. Das war das, was die Lufthansa zur Zeit sucht bzw. zur Zeit angeboten wird. In 1 ½ Wochen beginnt meine Schulung in Frankfurt, meine WG habe ich, den Vertrag und alle Unterlagen zurückgeschickt und bin bereit loszulegen!
Ich bin sehr aufgeregt über diesen neuen Lebensabschnitt und einfach mal aus dem Muster auszubrechen und was komplett Anderes zu machen, wonach mir einfach gerade ist und freue mich aber sehr auf dieses Abenteuer! Ich hoffe ich konnte euch mit meinen Tipps und dem Ablauf der Bewerbung etwas Licht ins Dunkle bringen und alle die auch darüber nachdenken sich zu bewerben, helfen… Hinterlasst gern ein Kommentar, wenn es noch offene Fragen gibt und bis bald!

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                                                                    Eure Enna

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